SR 2 Kulturradio. "Fragen an den Autor". Am Mikrofon Jürgen Albers. Und unser Gesprächspartner ist heute Roland Baader zu seinem Buch "Das Kapital am Pranger: Ein Kompass durch den politischen Begriffsnebel". Guten Tag meine Damen und Herren. Gerade wurde ja hier in Saarbrücken auf dem Katholikentag über Gerechtigkeit und soziale Verantwortung im Kapitalismus diskutiert. Man kann aber auch umgekehrt fragen. Haben wir vielleicht nicht zu viel, sondern viel zu wenig Marktwirtschaft? Bringt ein wirklich freier Markt auch alle anderen Freiheiten? Sollte man fast alles dem Markt überlassen, den Staat auf nahezu Null herunterfahren? Letzteres nennt man dann Anarchokapitalismus - endlich mal ein Begriff, den ich nicht kannte. Herr Baader, Sie schreiben ja in Ihrem Buch, dass Sie durchaus Sympathien für diese Idee haben. Nun heißt ja Anarchie Herrschaftslosigkeit. Und man könnte die Befürchtung haben, dass beim Anarchokapitalismus nicht die Herrschaft des Staates... Die wird beseitigt, aber ersetzt durch die Herrschaft der Reichsten.
Ja, wir sollten den Begriff Anarchismus, relativ schnell verlassen. Und zwar, weil man zu schnell in die Nähe der Anarchisten kommt, wie sie in der Zarenzeit, in der Endzarenzeit waren, diese Bombenleger. Damit haben die Anarchokapitalisten natürlich nichts am Hut. Das sind Leute... Der richtige Begriff sind Libertarians. Die nennen sich in den USA und eigentlich weltweit Libertarians, weil der Begriff liberal besetzt ist inzwischen von den Sozialdemokraten, auch in den USA. Und bei diesen Libertarians gibt es zwei Gruppen. Das eine sind die früher klassisch-liberal genannten. Das sind die Minimalstaatler, dazu zähle ich mich. Und die anderen sind die Nullstaatler. Das sind Leute, die die Herrschaft von Menschen über Menschen ablehnen, die jede Art von Zwang und Gewalt ablehnen, und deshalb auch den Staat, weil der Staat ist nichts anderes als Herrschaft von Menschen über Menschen und er ist mit Zwang und Gewalt immer verbunden. Und ich sehe ich diesen Nullstaat wie eine Art Leitstern. Das ist für mich ein Leitstern, wie der Matrose oder der Kapitän den Nordstern sich vornimmt, obwohl er weiß, er wird dort nie ankommen. Aber er gibt die Richtung vor. Und deshalb bin ich also Minimalstaatler. Das heißt, meine Position ist die: der Staat sollte für die innere und äußere Sicherheit zuständig sein und für nichts sonst.
Wie ist das denn dann? Der Staat kann ja... Er macht bestimmt auch viel Unsinn, aber er kann auch die Schwachen vor den zu Starken schützen in vielfacher Hinsicht. Wie kann man denn zum Beispiel in einem wirklich freien Kapitalismus die sozialen Probleme lösen?
Lassen Sie uns zunächst einmal auf etwas anderes klären, noch aus Ihrer ersten Frage. Fast alle Menschen glauben, dass Wirtschaft Macht sei, dass die Wirtschaft mehr Macht hätte als die Politik. Das ist ein ganz ganz großer Irrtum. Wenn sich Staat und Wirtschaft nicht verbinden, hat Wirtschaft keinerlei Macht. Also auch der reichste Mann der Erde, oder vielleicht der zweitreichste, der Bill Gates, kann niemanden zwingen auf dieser Welt, ohne sich strafbar zu machen, wie jeder andere auch. Er kann versuchen, die Leute zu bestechen, natürlich, aber dann geschieht das auf freiwilliger Basis wenn sich jemand bestechen lässt. Aber er kann niemanden zwingen. Er darf genauso wenig wie jeder andere Gewalt anwenden oder Gewalt androhen, sonst macht er sich strafbar, wie alle anderen auch. Aber jeder kleine Beamte kann mit irgendeinem Paragraphen im Rücken sie zu allem zwingen. Also, Zwang und Gewalt sind immer mit dem Staat verbunden. Wirtschaft wäre völlig gewaltfrei und zwangsfrei, wenn sie sich nicht mit der Politik verkümmeln würde. In dem Moment, wenn Big Business und Big Government sich verbinden, wird es natürlich problematisch. Das hat aber dann schon wieder nichts mit Kapitalismus zu tun.
Aber genau diese Tendenz entsteht doch fast zwangsläufig. Ich meine, ein reicher Mann wird natürlich versuchen, Einfluss zu nehmen. Und wie auch bei uns irgendwelche Honoratioren Einfluss nehmen auf die Institutionen. Ich meine, das beste Beispiel ist Berlusconi. Da ist ja auch ein Mann aus der Wirtschaft in die Politik gegangen. In den USA ist es auch gang und gäbe, dass man sich den Wahlkampf gar nicht leisten kann, wenn man nicht sehr reich ist.
Ja, aber schauen Sie, nehmen Sie meine Minimalstaatsposition. Wenn der Staat, außer der inneren und äußeren Sicherheit, keine Aufgabe hätte, mit wem soll er dann kümmeln? Warum sollen sich Wirtschaftsbosse oder Konzerne an den Staat wenden oder umgekehrt? Dann kommt es nicht zu dieser Verbindung.
Meine Damen und Herren, wenn Sie sich mit Fragen an den Autoren in dieser Sendung beteiligen möchten, können Sie wie immer hier anrufen. Die Telefonnummer ist 0681 für Saarbrücken, dann 602 für den saarländischen Rundfunk und der Reihe nach weiter 3456. Sollten Sie nicht durchkommen, können Sie mir eine E-Mail in die Sendung schicken: [email protected]. Hier ist der erste Anruf.
Die Änderung des Artikels 88 Grundgesetz durch die Bundesregierung am 22.12.1992 hat dem Bankensystem die grundrechtliche Unabhängigkeit gebracht. Am 23. Dezember 1913 wurde dem FED-System unter US-Präsident Wilson die Unabhängigkeit verliehen. Die Folge davon ist die Verschuldung aller, auch der Staatsorgane, beim Bankensystem bis zum Zusammenbruch. Wie viel Unabhängigkeit hätte der Autor denn gerne noch?
Ja, wissen Sie, die Unabhängigkeit der FED, die steht auf dem Papier. Der Vorgänger von Greenspan hat einmal gesagt auf Befragung, "entweder die FED macht, was der Präsident sagt, oder sie verliert ihre Unabhängigkeit.". Die steht nur auf dem Papier. Die Zentralbanken sind Schoßhündchen der Regierung. Ob sie nun unabhängig sind oder nicht, spielt keine Rolle.
Dann scheinen Sie aber rein zufällig derselben Meinung zu sein wie die Regierung, denn unter anderem Lafontaine hat ja seinerzeit der Europäischen Zentralbank vorgeworfen, sie würden sich nur um Preisstabilität kümmern, nicht um zum Beispiel Wirtschaftswachstum oder Arbeitsplätze.
Ja, nun, im Papiergeld gibt es nur eine Tendenz, nämlich die unendliche Vermehrung. Das ist ein Machtmittel in der Hand der Politik. Und auch die Leute wollen es ja so, alle schreien danach. Die Wirtschaft schreit nach niedrigen Zinsen, die Leute schreien nach mehr Geld. Alle Probleme werden mit Flutungen, mit riesigen Massen von Papiergeld- und Kreditgelderzeugung anscheinend gelöst. Wir ersticken im Papiergeld.
Sie meinen damit eben Geld ohne eine reale Grundlage.
Richtig, ja. Es ist sozialistisches Geld. Am Markt ist über die Jahrtausende hinweg immer nur dasselbe Geld entstanden, das echte Geld, nämlich Goldgeld. Und seit das abgeschafft wurde, zuletzt durch das Kappen von Präsident Nixon 1971 der Verbindung zwischen Gold und Zentralbankguthaben, wird der Wirtschaftskörper des Kapitalismus systematisch vergiftet. Der Blutkreislauf ist durch Papiergeld vergiftet und daran wird auch der Kapitalismus ersticken.
Hören wir noch einen Anruf bitte.
Wie viele psychologische Einflüsse sind für die freie Marktwirtschaft erforderlich?
Psychologische Einflüsse für die freie Marktwirtschaft? Was ist da erforderlich?
Psychologische Einflüsse... Wissen Sie, es ist so. Gott sei Dank funktioniert die Marktwirtschaft auch ohne, dass man etwas davon versteht. Also selbst wenn die Leute... Die wenigsten Leute kennen sich in der Theorie des Marktes aus. Jeder ist am Markt tätig ohne dass er etwas davon versteht. Er braucht nicht Nationalökonomie zu studieren, um den Markt zu verstehen. Das ist das Gute am Markt. Er funktioniert ohne, dass man seine Grundlagen kennt.
Ist also natürlich in gewisser Weise.
Richtig. Er entsteht auch überall, wo man ihn lässt. Überall entsteht Marktwirtschaft, wo man sie einfach lässt. Das Negative daran an dieser Tatsache ist, dass sie kaum jemand theoretisch verteidigt wenn sie angegriffen wird. Weil eben die Kenntnisse nicht da sind.
Nun hat ja auch der Markt gewisse Grenzen. Sie schreiben irgendwo, dass ein Markt immer funktioniert. Legal oder illegal. Aber das Illegal ist natürlich der Punkt. Man kann ja jetzt nicht einfach sagen, "legal, illegal, scheißegal", wie das mal jemand gesagt hat. Denn wer verhindert dann in einer reinen Marktwirtschaft zum Beispiel Drogenhandel? Der Markt funktioniert ja zweifellos auch. Oder Kinderpornografie oder irgendwas.
Das ist richtig, der funktioniert auch. Es ist, sehen Sie... Auf der einen Seite ist es ein großer Segen, dass es schwarze und graue Märkte gibt. Wenn man sich mal überlegt, die Sowjetunion konnte nur so lange überdauern, weil schätzungsweise 40% bis 45% graue und schwarze Märkte existiert haben. Das heißt, das hat das Leben der Menschen erleichtert. Wenn das nicht gewesen wäre, dann hätten sie so repressiv leben müssen, wie unter Pol Pot. Das heißt, es werden nur noch die Köpfe abgeschlagen. Also auf der einen Seite ist es ein Segen, dass der Markt sich immer wieder Lücken sucht. Dass es natürlich auch üble Dinge gibt, das ist logisch. Das gibt es in jedem System. Da muss man nicht sagen, das sei in anderen Wirtschaftssystemen, im Sozialismus, sei das anders. Da wird es eben vertuscht.
Aber dann braucht man doch wenigstens den Minimalstaat, den Sie ja auch akzeptieren, um dagegen vorzugehen. Also, um da ein klares Gesetz zu haben, zum Beispiel gegen Kinderpornografie. Und dann eben eine Polizei, die dagegen vorgeht.
Inner- und äußere Sicherheit ist meine Position.
Möchte der Autor, wenn er mehr Kapitalismus fordert, ein System wie in den USA oder hat er eine andere Vorstellung, wie dieses System aussehen sollte?
Nein, um Gottes Willen! Die USA ist kein Kapitalismus mehr. Das ist was ganz anderes. Die sind genauso weit davon entfernt wie wir inzwischen. Mit Kapitalismus haben wir kaum noch was zu tun. Wir haben einen politikverseuchten und staatsversumpften Restkapitalismus, einen Minikapitalismus von vielleicht noch 30% oder 35%. Ganz große Bereiche, wie das Gesundheitswesen, das gesamte Bildungswesen, ist staatlich. Ganz wichtig, das Geld ist rein staatlich. Staatsmonopolistisches Papiergeld. Viele Bereiche, das Arbeitsrecht, die Arbeitsmärkte, sind vermachtet, politisch vermachtet. Also wir sind sehr weit vom Kapitalismus entfernt und die USA inzwischen auch.
Also man muss vielleicht zur Begriffsklärung mal sagen... Also Kapitalismus, das ist Ihre Definition, noch ungefähr das, was man auch normal darunter versteht. Aber als Kapitalisten bezeichnen Sie nur eine sehr kleine Gruppe von Leuten. Also in Deutschland, schreiben Sie, sind es vielleicht 300 Leute. Und das sind nichtmals die Unternehmer, nichtmals die sehr Reichen, nichtmals die Milliardäre.
Ja. Die Leute verstehen viel von Unternehmertum, und von Finanzen, und von allem möglichen, sind sehr sehr kluge, oft sehr gebildete Leute mit unglaublichen Fähigkeiten. Aber vom Funktionieren, von der Theorie einer Marktwirtschaft, verstehen sie sehr wenig. Die schreiben dann Bücher, wie Soros zum Beispiel über den Kapitalismus. Ein einziger Unsinn von der ersten bis zur letzten Zeile.
Also, wenn ich das richtig sehe, gibt es sozusagen zwei, ich will nicht sagen Extrempositionen, zwei reine Positionen. Das eine wäre eine sozialistische Staats- oder Gesellschaftswirtschaft, wie das ja offiziell eigentlich eher gesehen wird. Und das andere wäre auf Ihrer Seite eine ganz ganz freie Marktwirtschaft mit so wenig Staat wie möglich. Ich habe mich wirklich nach der Lektüre Ihres Buches gefragt, ob vielleicht die Wahrheit doch in der Mitte liegt. Also dass vielleicht doch gerade die Mischung funktioniert und das Extrem eben nicht funktioniert.
Ja, nein! Wissen Sie, die sogenannten "dritten Wege", die sind sehr verführerisch, aber sie führen schlussendlich in den Abgrund. Wir werden das sehen. Also, so wie die Sowjetunion sehr lange überleben konnte, 70 Jahre, weil sie große Bereiche des Marktes noch hatte in schwarzer und grauer Form, so ist es bei uns. Wir haben mehr Marktwirtschaft, mehr offizielle Marktwirtschaft als die Sowjetunion, aber sehr viel Sozialismus. Und die Differenz ist gar nicht so groß. Diese Differenz, dass wir vielleicht 20 Prozentpunkte mehr Markt haben, oder 25, als die ehemalige Sowjetunion, die wird es uns erlauben 20 bis 25 Jahre länger zu überleben. Aber zusammenbrechen wird das System auch. Es ist nicht haltbar. Diese mittleren Wege sind sehr verführerisch. Sie sind nicht finanzierbar. Wir erleben derzeit die Endphase der Sozialsysteme. Die werden an die Wand fahren. Eindeutig. Und die Politik lebt im Moment vom Verzehr der Substanz. Wir zehren Kapital auf. Wir werden permanent ärmer. So lange bis das System erschöpft ist.
Meine Damen und Herren, Sie hören auf SR 2 Kulturradio "Fragen an den Autor". Heute mit Roland Baader zu seinem Buch "Das Kapital am Pranger: Ein Kompass durch den politischen Begriffsnebel". Übrigens erschienen im Resch Verlag. Preis 18 Euro. Fragen unter Saarbrücken 6023456. Hier gleich die nächste.
Harz hat Millionen bei VW für Sex und Lust verjuchst. Nun wird die seinen Namen tragende Sache verschärft. Was vor Steuern aber verjuchst wird, ist also enorm. Und nach den Pleiten wird oft den Schuldigen mit Verlustzuweisungen geholfen. Harz, das steht jetzt fest, hat die Normsetzer, Parlament und den Bundesrat belogen. Denn, es geht ja nicht an, dass die Betroffenen nicht anständig legitimiert werden und er hat Geld vor Steuern verjuchst. Merkt das niemand?
Ja, nun schauen Sie sich den VW-Konzern mal an. Der ist politikverseucht. Da finden Sie also mehr Politiker und Gewerkschafter im Vorstand und Aufsichtsräten als echte Unternehmer oder Manager. Das ist ein typisches Beispiel für diese Verbindung von Wirtschaft und Politik. Da haben Sie so ein richtig schönes Beispiel, was dann daraus wird.
Lassen Sie mich doch vielleicht mal einen Bereich ansprechen, wo ich mir auch schon oft Gedanken darüber gemacht habe, wie das funktionieren kann, nämlich die Umweltproblematik. Sie glauben ja, dass ein freier Kapitalismus auch die Umweltverschmutzung in den Griff bekommen könnte. Zum Beispiel eben, indem auch die Natur Privatbesitz ist und dadurch von Privatleuten geschützt wird. Ich kann das nicht so ganz glauben.
Ja, hören Sie mal. Die größte Umweltverschmutzung weltweit hatten wir und haben wir in sozialistischen Staaten. Das war auch in der DDR so, eine unvorstellbare Umweltverschmutzung. Wir sollten uns nicht einbilden, dass das, was wir an verbesserter Umwelt haben, dass das das Werk der Politik sei. Im Prinzip ist das eine Sache, die mit dem Wohlstand wächst. Auch das Empfinden der Bevölkerung für die Umwelt. Es ist prinzipiell so, Gemeineigentum... Oder sagen wir es anders. Im Kapitalismus, in der Marktwirtschaft, ist alles privat. Privat... Wer etwas im Privatbesitz hat, geht sorgfältig damit um. Alles, was in Gemeinbesitz ist, das ist kein Eigentum, nennt sich nur Gemeineigentum, wird zerstört. Die Ökonomen reden von the tragedy of the commons, d.h. die Tragödie des Gemeineigentums. Stellen Sie sich mal vor, das klassische Beispiel ist, in einem afrikanischen Staat oder in einem Dorf gibt es gemeinsame Wiesen, Weiden. Was passiert? Jeder jagt seine Ziegen darauf, auf Teufel komm raus. Es wird hoffnungslos überweidet, ist innerhalb kürzester Zeit kaputt. Wäre es im Privatbesitz, dann würde der Eigentümer schonend damit umgehen, er will ja noch viele Jahre und Jahrzehnte seine Ziegen dort weiden, und vielleicht sogar, dass seine Kinder noch dort die Ziegen weiden können. Das heißt, er geht sorgfältig damit um, während Gemeineigentum immer übernutzt wird, ausgebeutet wird und damit zerstört wird.
Sie schreiben das in Ihrem Buch auch am Beispiel des Meeres, wo Sie sagen, das Meer würde auch nicht überfischt, wenn das im Privatbesitz ist. Das ist logisch in sich. Allerdings, wenn dieser Privatbesitz relativ billig ist und ich relativ reich bin, dann gehe ich vielleicht doch nicht mehr so sorgfältig damit um. Denn nehmen wir das Beispiel Vietnam und Umgebung. Das sind diese Mangrovenwälder, die im Moment alle kaputt gemacht werden durch Schrimpszucht, die wir dann hier als Krabben usw. auf den Teller bekommen. Und da ist ja genau das Problem, dass, ich will nicht die Heuschrecken aufgreifen von Herrn Müntefering, aber die ziehen von einem Mangrovenwald zum nächsten. Wenn der eine ruiniert ist, ziehen sie zum nächsten, machen den kaputt und dann wieder zum nächsten.
Das ist richtig. Wenn Sie genau hinschauen, dann deshalb, weil diese Mangrovenwälder nicht in Privateigentum stehen, sondern in Staatseigentum.
Hier ist gerade eine E-Mail eingegangen aus Illingen. Und der Hörer meint, es sei geradezu unglaublich, dass jemand noch Goldgeld fordern kann. Denn in der Weimarer Republik haben sich unfähige Politiker von den goldfördernden alliierten Mächten die Golddeckung der Währung aufschwatzen lassen und damit dem Rentenmarkt den Garaus gemacht. Ganz davon abgesehen, dass die Förderung von Gold unermessliche Umweltschäden verursacht, hält er es für naiv und gerissen, die Währung von einem Stoff abhängig machen zu wollen, den nur einzelne Länder fördern können und der ja auf Funden basiert.
Ja, natürlich. Das ist die Vorstellung, dass das Gold nur als Geld einführbar wäre, wenn jedes Land genug davon hätte. Das ist Unsinn. Jede Menge von Gold reicht aus, um die vorhandenen Warenströme bewältigen zu können. Ob viel oder wenig, spielt dabei keine Rolle. Es ist schlicht und einfach so, historisch und auch theoretisch - das ist sehr sehr gut untermauert in der Nationalökonomie, wird nur leider nicht mehr gesagt - gibt es nur eine einzige Art echten Geldes. Das ist das Geld, was am Markt entsteht wie alles andere auch am Markt. Und über die Jahrtausende hinweg ist überall auf der Erde, in allen Ländern der Erde, das Gold schlussendlich dann als Geld entstanden. Und bis zum heutigen Tag ist dieses, die einzige Form von Geld, von echtem Geld. Alles andere sind Schulden. Papiergeld ist kein Geld. Es sind Schulden. Und die Welt wird ersticken an diesen Schuldenbergen, an diesen gigantischen. Wir haben seit 1971 eine Verdreitausendfachung der Papiergeldmengen. Und zugleich, das ist die Rückseite der Medaille, einen Kaufkraftverlust, im Dollar, oder in der Ware, oder im Euro, was auch immer, von 85% bis 90%. Das ist die Folge davon. Und das wird weitergehen. So wie Voltaire gesagt hat, "alles Papiergeld wird zu seinem echten Wert zurückkehren, irgendwann, nämlich zu Null.".
Hier ist gerade noch eine E-Mail eingegangen. Übrigens herzliche Bitte, wenn Sie mir eine E-Mail schicken an [email protected], schreiben Sie doch bitte die Stadt dazu, aus der Sie schreiben. Dann kann ich das besser auseinanderhalten. Hier ist jedenfalls eine Mail eingegangen mit einer relativ naheliegenden Frage: "Wie will der Autor verhindern dass bei einem schrankenlosen Markt die starken Teilnehmer die Schwachen an die Wand drücken und neue Monopole errichten?"
Ja, das ist immer die Vorstellung. Ich habe es ja schon gesagt. Macht bedarf immer des Zwanges und der Gewalt. Und Wirtschaft hat keine Möglichkeit zu Zwang und Gewalt. Jedenfalls nicht da, wo, wie ich es vertrete, die innere Sicherheit in Form des Minimalstaates gewährleistet ist. Da wird jeder, genau wie jeder andere auch, bestraft, der jemanden zwingt, oder Gewalt anwendet, oder Gewalt androht. Das ist nicht der Fall. Nun, es entsteht auch keine Vermachtung, sondern immer nur in Verbindung mit Politik. Und selbst wenn irgendwo ein Monopol entsteht, ist das noch nicht mit Macht verbunden. Und es wäre noch nicht einmal - in einem völlig freien Markt - gefährlich, ein Monopol. Erstens weil der Marktzugang frei ist. Das heißt, es können immer andere nachrücken, die Konkurrenz machen. Und zweitens, weil sogar der Monopolist einen Punkt hat, wo er bei einem höheren Preis weniger Umsatz macht und weniger Gewinn als bei einem niedrigeren Preis. Also zumindest dieser Punkt ist da. Er kann nur eine Weile seine Preise überhöht gestalten. Und es werden sehr schnell Konkurrenten auftreten, wenn die Märkte frei sind. Sie müssen aber frei sein.
Sie schreiben in Ihrem Buch ja auch, dass die Friedensproblematik, um das auch mal anzusprechen, eben auch von der Politik kommt. Die Politik macht die Kriege, während die friedlichen Weltreiche, wie Sie schreiben, der Kaufmanns- und Handelsvölker, wie der Phönizier und Karthager, eben nur auf Handel aus waren. Und Sie schreiben in Ihrem Buch wörtlich, Kaufleute schlagen sich nicht, weder untereinander noch mit ihren Kunden. Nun, das mit den Kunden will ich vielleicht gerade noch glauben. Aber, dass die sich untereinander nicht schlagen, also vielleicht nicht körperlich, dass die miteinander boxen, aber es gibt auch da natürlich eine Art ruinösen Wettbewerb. Und wenn ich mir vorstelle, ich wäre jetzt Lieferant einer großen Handelskette... Na ja, das ist keine körperliche Gewalt. Aber wie die mich unter Druck setzen können und mich auspressen können, das ist schon ziemlich enorm.
Ja, seien Sie doch froh. Das ist alles zum Wohle des Konsumenten. Wenn die Kaufleute... Die üben keine Gewalt aus, das dürfen sie nicht, auch keinen Zwang, das dürfen sie nicht, sonst werden sie bestraft. Es darf nichts Kriminelles passieren. Aber sie können sich natürlich, sagen wir mal, bis aufs Messer bekämpfen mit Preisen, mit Qualitäten, mit bestimmten Waren. Dass der eine eben billiger liefert als der andere. Da kann es auch natürlich vorkommen, dass einer ruiniert wird. Das spielt ja... Jeden Tag sehen wir das, es kommen neue, andere gehen bankrott. Die Konsumenten sollen sich darüber freuen. Es geht zu ihren Gunsten geht dieser Kampf aus. Der Beste überlebt. Und der Beste heißt, derjenige, der die Kunden, den Konsumenten, am besten bedient.
Dann muss der Konsument aber zumindest sehr gut informiert sein. Denn wenn man den Lebensmittelmarkt nimmt. Viele dieser Lebensmittelskandale sind ja auch dadurch zustande gekommen, dass Produzenten, jetzt Bauern z.B., so stark unter Druck waren, dass sie mit vernünftigen, ökologischen, umweltverträglichen Methoden das einfach nicht mehr geschafft haben. Und dann machen sie diese Massentierhaltung usw. usw. Und das gibt wieder riesige Probleme. Ja, nun, da ist der Konsument selber schuld. Das ist ja das. Alle rufen sie nach gesunden und Bioprodukten usw., aber machen sie mal den Test. Stellen sie zwei Päckchen Eier nebeneinander. Das eine von einer rein biologischen Haltung, wo das Ei dann 40 Pfennig kostet oder 40 Cent. Und daneben dann die billigen für 10 oder 15 Cent. Und sie werden sehen, dass 90% oder 95% der Konsumenten zu den billigen greifen. Das liegt in der Hand des Konsumenten.
Noch eine telefonische Frage an den Autor.
Sollte der Liberalismus für die Wirtschaft nur innerhalb des Staates gelten oder auch für die Staatengemeinschaft? Wenn man z.B. sieht, wie Amerika jetzt wieder den Dollar rutschen lässt, um sich quasi auf Kosten der anderen gesundzustoßen, da wünscht man sich doch einen gewissen Protektionismus. Oder wenn man bedenkt, dass die Wall Street für ihre eigenen Interessen immer schon über Leichen ging, auch über Leichen ihrer eigenen Landsleute, da sehnt man sich doch nach einem gewissen Protektionismus, wenn das funktionieren könnte?
Ja, nein. Mit echtem Geld könnte das nicht funktionieren. Wissen Sie mit echtem Geld, mit Goldgeld, kann man keine Kriege führen. Deswegen wurde es ja jeweils... Zu Beginn des Ersten und Zweiten Weltkrieges wurde das Gold ja jeweils abgeschafft. Mit echtem Geld kann man einen Krieg führen vielleicht drei Tage. Man kann keine Blasen erzeugen. Wir haben ja das Phänomen dass durch das Papiergeld, auch bei den Aktien, auch bei den Immobilienmärkten, eine Blase nach der anderen entsteht. Das hat damit zu tun, dass diese Papiergeldmassen, die da erzeugt werden, ungeheure Ozeane aus Papiergeld, sich nicht mehr in die Warenmärkte ergießen, sonst hätten wir dort eine Hyperinflation, sondern sie ergießen sich in die Assets, in die Märkte für Vermögensgüter, und erzeugen dort eine Blase nach der anderen. Immobilien, Aktien, Derivate in unvorstellbarem Ausmaß. Wir haben ein Dreißigfaches des Weltsozialprodukts an Derivaten, die natürlich irgendwann den Bach abgehen werden mit einem sehr deutlich merkbaren Knall. Und das alles kann nur passieren in Papiergeld. Das geht in echtem Geld nicht.
Und an dem Papiergeld sind Ihrer Meinung nach die Regierungen schuld, um das nochmal klar zu sagen.
Richtig. Das hat mit Kapitalismus oder Marktwirtschaft nichts zu tun. Geld, das am Markt entsteht, entstanden ist, war das echte Geld, das Goldgeld. Und das ist nicht nur irgendeine sektiererische Meinung. Also ich möchte nur daran erinnern, dass der weltberühmte Ökonom und Nobelpreisträger Friedrich August von Hayek sein letztes Werk geschrieben hat, "The Denationalisation of Money", "Die Entnationalisierung des Geldes". Und er hat sie so dringlich gefordert, dieser bedächtige Mann, der jenseits aller Übertreibungen, dass er geschrieben hat, "es ist eine Frage des Überlebens der Zivilisation, ob wir schnell zu richtigem Geld zurückkehren oder nicht.".
Der Markt regelt also alles. Warum geben wir dann nicht harte Drogen, Kinderpornografie und bezahltes Killertum frei? Die Wirtschaft würde ungeheuer wachsen. Und noch eine Bemerkung, wenn ich darf, zu der Behauptung, Wirtschaft hätte keine Macht. Schauen Sie sich mal von Dürrenmatt "Den Besuch der alten Dame" an.
Sehen Sie, es sind immer wieder diese Einwände. Was Sie sagen, kriminelles Vorgehen, das gibt es in jedem System. Das ist nicht spezifisch Marktwirtschaft. Überall entsteht es und überall gibt es Formen von Kriminalität. Und es wird einfach übertrieben. Man stellt paradiesische Zustände der Realität gegenüber und vergleicht die Marktwirtschaft immer mit paradiesischen Zuständen, mit edlen Zuständen, und lauter edlen Menschen. Das ist dummes Zeug. Die Marktwirtschaft lebt auch nur mit dem zweitbesten Menschen. Den allerbesten Menschen gibt es nicht. Überall wo versucht wurde, den neuen, besseren Menschen zu erzeugen, hat man die Leute zu Millionen umgebracht. Der Weltmeister war Mao mit 70 Millionen Toten, wo er den neuen Menschen schaffen wollte. Noch besser konnte es Pol Pot. Der hat allen die Köpfe eingeschlagen, die nicht seiner Vorstellung vom neuen Menschen entsprochen haben. Wir sollten die Marktwirtschaft nicht immer mit paradiesischen Idealen vergleichen. Es ist der Mensch, wie er lebt und lebt. Und wenn Sie sich in Ihrem eigenen Leben mal umschauen, alles was Sie tun, heiraten, Kinder bekommen, Beruf ausüben, was auch immer, das läuft friedlich. Sie machen nichts Kriminelles. Und so geht es den meisten anderen Leuten auch.
Ich möchte mal auf einen Punkt eingehen, der in der letzten Tarif-Auseinandersetzung und überhaupt grundsätzlich in letzter Zeit eine große Rolle spielt, nämlich dem Konsum. Sie schreiben auf Seite 27: das sei ein Unsinn, dieses Gerede, man müsse den Konsum stärken, denn Kapital entsteht nur aus Ersparnis. Letzteres leuchtet mir vollkommen ein. Die Frage ist natürlich, wenn ich jetzt fleißig spare, Kapital ansammle, das Kapital investiere, ich produziere irgendwas, wer kauft meine Sachen?
Es wird sich immer ein Käufer finden, sonst wird der Produzent nicht produzieren. Wenn sich kein Käufer findet, wird der Produzent sehr schnell aufhören zu produzieren.
Ja, aber das ist doch genau ein Argument dafür, den Konsum zu stärken, oder die Möglichkeit des Konsums.
Nein, wissen Sie, es gibt ja immer Konsum, die Menschen müssen ja immer leben. Nur, was heute getrieben wird, das ist eine vollkommen falsche Theorie, dass mit einem künstlich erzeugten Mehrkonsum Wirtschaftswachstum erzeugt werden würde. Und das ist nicht der Fall. Wirtschaftswachstum kann immer nur aus vermehrtem Kapitalstock entstehen, nicht aus Konsum. Wenn sich eine Volkswirtschaft reich konsumieren könnte, dann gäbe es nur noch reiche Leute auf der Welt. Eine Volkswirtschaft ist genau wie eine Familie. Wenn sie glaubt eine Familie oder eine Einzelperson könne sich reich konsumieren, dann wird sie feststellen, dass sie verarmt. Und so ist es auch mit der Volkswirtschaft.
Wir haben sehr viele Anrufe vorliegen, bitte gleich den nächsten.
Führt die Politik der großen Koalition nicht zu gegenläufigen wirtschaftlichen Entwicklungen? Auf der einen Seite Freiheit für die Wirtschaft, Exportrekorde und Arbeitsplatzabbau. Dem gegenüber ein gewaltiges Drehen an der Steuerschraube und Ausbremsen der Binnennachfrage.
Ja, nun, Politik. Da sind wir ja wieder bei der Politik. Und das hat nichts mit dem Markt zu tun. Also, wissen Sie, was die Menschen wirklich mal begreifen sollten, das ist... Es gibt über den Daumen gepeilt, 40% Deutsche - oder andere Länder, das ist wurscht -, die wollen eine linke Politik. Es gibt 40%, die wollen eine Politik der Mitte. Es gibt 20%, die wollen eine rechte Politik. Nur die einzig richtige Position, die einzig wahre freiheitliche Position, die will niemand. Nämlich keine Politik. Der bekannte - nein, bekannt ist er nicht -, aber der wahrscheinlich beste Sozialphilosoph, der noch lebt in Europa, das ist Anthony de Jasay in Frankreich. Der ist relativ wenig bekannt, weil er eben so ein guter Philosoph ist. Dessen Hauptwerk lautet "Against Politics", "Gegen Politik". Das ist die einzige freiheitliche Position. Was wir in Berlin haben, das sind vier oder fünf sozialdemokratische, halb dreiviertel sozialistische Parteien. Eine freiheitliche Partei haben wir in Deutschland nicht.
Noch nichtmals die FDP, also jetzt in Ihrem Sinne?
Nein! Die FDP ist gut, sie hat liberale Elemente, Gott sei Dank. Aber sie ist weit davon entfernt eine Partei zu sein, die die Ideale des klassischen Liberalismus, wie sie mal in England des 17., 18. und 19. Jahrhunderts praktiziert wurde, weit davon entfernt.
Was ist für Sie denn Kapital? Geldwert ist doch das, was ein Volk gearbeitet oder erarbeitet hat. Was ist für Sie Kapital?
Kapital ist alles, womit man Güter und Dienste erzeugen kann. Das ist Kapital. Das sind Fabriken, das sind Häuser, das sind Maschinen, das sind Werkzeuge, das sind Schraubenzieher, das sind Computer, das sind Eisenbahnzüge, Schiffe, was auch immer, auch Boden, auch große Flächen. Alles, womit Güter oder Dienste erzeugt werden kann, das ist Kapital.
Sie gehen sehr von dem Privateigentum aus. Führt das Wirtschaften mit Privateigentum nicht zwangsläufig dazu, dass sich Privateigentum eben anhäuft, akkumuliert, und dann letztlich alles in den Händen von wenigen ist. Und dann hätten wir eigentlich irgendwann Riesengrundbesitzer und so eine Art Monarchie, wo wenige dann alles verwalten. Wie sehen Sie die Chance, diese Akkumulation im Privatbesitz zu verhindern?
Wenn der Wettbewerb frei ist, völlig frei, ohne staatlichen Einfluss, dann wird das nie passieren. Der große Jurist Franz Böhm hat einmal gesagt, der Wettbewerb ist das genialste Entmachtungsinstrument der Weltgeschichte.
Aber dazu muss der Wettbewerb ja noch da sein. Also hier auch ein Hörer aus Neunkirchen per E-Mail gefragt nach den Monopolstrukturen. Man könnte ja sagen, der Kapitalismus führt sich selbst ad absurdum, indem ein Unternehmen immer größer wird, dann ist es marktbeherrschend, ist Monopol, und dann ist natürlich kein Markt mehr da.
Ja, nein, das passiert nicht. Und zwar, weil große Strukturen unbeweglich werden. Wenn der Marktzugang völlig frei ist, wenn da keine Hürden... Das haben wir natürlich heute. Heute haben wir tausend Hürden gegen jeden, der neu in den Markt kommen will, auch gesetzliche Hürden. Wenn heute jemand als einsamer Mensch ein Unternehmen gründen will, der müsste 50 dicke Bände allein an arbeitsrechtlichen Studien betreiben. Das geht alles nicht mehr. Aber wenn der Markt völlig frei ist... Diese Newcomer die agil sind und die erfindungsreich sind, die werden immer wieder die schwer gewordenen und träge gewordenen großen angreifen. Ohne die Unterstützung durch politische Macht und ohne die Unterstützung durch vermachtete Gesetzgebung können sich große, sehr große, Monopole nicht halten. Sie brechen irgendwann zusammen. Das lehrt uns auch die Chaostheorie, dass große, komplexe Netze - und bei Volkswirtschaften und bei Marktwirtschaften handelt es sich ja um ein komplexes Netzwerk - nur überleben können, wenn ihre Einzelteile eine große Autonomie haben und sehr flexibel sind. In dem Moment, wenn sich irgendwo etwas zu groß ausbildet, zu mächtig und zu träge wird, wird es nicht überleben. Wir werden auch feststellen, dass beispielsweise große Konzerne wie General Motors... Es wird nicht lange dauern und dieser Riesenkonzern wird zusammenbrechen.
Noch eine Frage an den Autor Roland Baader.
Ich möchte eine Frage an Herrn Baader stellen. Herr Baader hat ja den Durchblick in Kapitalismus und Sozialismus. Er hat bei allem den Durchblick. Da möchte ich mal fragen, da er ja das ganze System völlig durchschaut, da möchte ich ihn mal fragen, wie viel Euro er auf seinem eigenen Konto hat, denn er durchschaut ja alles und er kann ja aus allem Nutzen ziehen, aus Kapitalismus und aus Sozialismus.
Ja, wissen Sie, aus dem, was ich tue, das wird so wenig nachgefragt. Eine gewisse Aufklärungsarbeit über das, was Freiheit und Marktwirtschaft und Liberalismus ist, wird so wenig nachgefragt, dass ich mir keine Euros anhäufen kann. Wenn ich nicht aus anderen Quellen meine Einkünfte beziehen würde, müsste ich mit diesem Job, obwohl ich schon sehr viele Bücher geschrieben habe und Hunderte von Artikeln und Buchbeiträge und so weiter, müsste ich bei diesem Job verhungern.
Also mit Ihren Büchern können Sie kein Geld verdienen. Aber da Sie eben, wie der Hörer etwas ironisch sagt, so einen Durchblick haben, nützen Sie Ihren Durchblick ja eben zum Beispiel an der Börse oder so, wo Sie dann vielleicht ein bisschen bessere Prognosen haben oder ein bisschen begründetere Prognosen als der Laie.
Richtig, ja. Man sagt zwar, Ökonomen seien die schlechtesten aller Börsenberater, aber ein bisschen Erfahrung habe ich schon an der Börse und kann da auch ab und zu mir mein Butterbrot holen.
Ist dem Autor jemals zu Ohren gekommen, dass man Macht kaufen kann, auch Staatsmacht?
Natürlich, das ist ja das Elend. Deswegen sage ich ja, weg mit der Staatsmacht. Wir brauchen sie nicht. Wir brauchen sie für die innere Sicherheit und für sonst gar nichts. Und dann kann auch niemand kaufen.
Naja, das ist allerdings selbst bei der inneren Sicherheit... Also ich stelle mir jetzt mal... Als Jugendlicher, der ich mal war, und da habe ich Western geguckt und gelesen usw. Und in diesen kleinen Wildwestdörfern, da war ja meistens eben wenig Regierungsmacht und viel sehr freier Markt sozusagen. Und da kommt ja in den ganzen Western immer wieder vor, dass der Großgrundbesitzer sich den Richter und den Sheriff sozusagen kauft. Und dann hat er natürlich auch die Staatsmacht.
Natürlich, aber wenn man schon für den Minimalstaat eintritt... Das Ideal ist ja deswegen der Nullstaat. Wenn gar niemand da ist, kann auch niemand gekauft werden. Nur, wenn ein Minimalstaat da ist, dann trete ich, wenn schon, natürlich auch dafür ein, dass dieser in demokratischer Form gewählt wird. Und das hätte sehr schnell dann sein Ende, wenn die Leute merken würden, dass hier einseitig geschützt wird.
Es ist jetzt schon mehrfach angesprochen worden, auch von Hörern, die Frage der Kriminellen, die es in jedem System, wie Sie völlig zu Recht sagen, gibt. Sie schreiben in Ihrem Buch, Seite 53, dass manche Offshore-Zentren und Steueroasen, dass die recht gut funktionieren ohne politische Wächter. Das wird stimmen. Aber es ist auch bekannt, dass dort in diesen Zentren eben auch die organisierte Kriminalität sich recht heftig tummelt. Auch bei der Terrorismusbekämpfung wird jetzt oft darüber geredet, dass die dort ihre Gelder bunkern, waschen usw.
Das ist richtig, ja. Das ist selbstverständlich. Dort konzentrieren sich natürlich bestimmte Dinge. Wenn die ganze Welt Bahamas wäre beispielsweise, dann gäbe es natürlich auch Kriminelle. Aber in der Zahl, wie überall, vielleicht so und so viel Promille - 2‰ oder 1‰ oder ½‰, ich weiß es nicht. Aber in dem Moment, wenn irgendwo... Wenn die Staaten mit Geldwäschegesetzen, wenn sie überall Knebel, und Hürden, und Zäune errichten, dann konzentrieren sich natürlich bestimmte kriminelle Elemente auf die kleinen Gebiete, wo sie nicht so kontrolliert werden. Das ist richtig.
Ja, aber ich meine, die Gegenthese wäre, man könnte dann sagen, man müsste diese Gebiete auch noch kontrollieren, um dort eben diese Kriminellen zu fassen.
Ja nun, wissen Sie, kriminelle Energie, die können Sie nie einsperren. Das ist genauso wie bei den Waffen, was die Staaten betreiben. Sie entwaffnen immer nur die Opfer, nie die Täter. Ein Krimineller, der eine Waffe will, wird sie immer bekommen. Ganz egal, wie restriktiv Sie die Gesetze machen. Da können Sie die Todesstrafe auf Waffenbesitz machen. Ein Krimineller... Wer eine Waffe will, wird sie bekommen. Und die Kriminalität wird im Gegenteil dann abnehmen, wenn Sie die potentiellen Opfer bewaffnen. Es ist also an Statistiken in den USA ganz eindeutig belegbar, dass überall, wo der Waffenbesitz frei ist, die Kriminalität viel viel niedriger ist, als da, wo sie strikt verboten ist. Zum Teil Staaten die direkt nebeneinander liegen, wo die Raten im einen Staat, die Kriminalitätsrate oder Quote, um ein sechs-, siebenfaches höher ist wie im Nachbarstaat. Das gilt nicht nur für Waffen. So ist es überhaupt für die ganze Kriminalität. In dem Moment, wenn sich der Staat einmischt und wenn er Gesetze macht... Eigentlich entwaffnet er immer nur die Opfer und nie die Täter.
Dann die Polizei ja eigentlich doch auch irgendwie kontraproduktiv, um nicht zu sagen schädlich.
Ja nun, nein, so kann man das nicht sagen. Also, es kann es natürlich werden.
Denn die Polizei hat ja ein Gewaltmonopol.
Richtig. Wir sehen es zurzeit in den USA, die sind auf dem strammen Marsch in einen Polizeistaat und in ein ziemlich totalitäres Gebilde. Also, diese Art der Sicherheitsorganisation hat ihre Schattenseiten, ganz eindeutig.
Meine Damen und Herren, drei, die heute Morgen hier angerufen und eine Frage an den Autor gestellt haben, bekommen demnächst vom Resch Verlag ein Buch zugeschickt von Roland Baader, "Das Kapital am Pranger", Ladenpreis übrigens 18 Euro. Heute sind die Gewinner Heinrich Heine aus Hannover, Ulrike Daeges aus Losheim und Karin Wendolowski-Gerber aus Wemmelsweiler. Noch ein Anruf bitte.
Modelle funktionieren doch nur, solange Regeln, hier in diesem Fall innere Sicherheit, Recht, freie Märkte auch eingehalten werden. Das ist aber doch im Prinzip doch wohl eine Illusion. Macht tendiert immer zu Unrecht, das heißt zur Ausnutzung des eigenen Vorteils der eigenen Stärke.
Ja, eben, deswegen bin ich ja gegen Macht.
Hier ist eine Frage gekommen aus Spiesen-Elversberg. Sie haben ja vorhin gesagt, dass die sozialen Systeme wohl zusammenbrechen würden und der Fragesteller hofft, dass sie Unrecht haben. Aber falls doch, was kann man tun, um sich vor den Folgen dieses Zusammenbruchs zu schützen?
Geht die Frage dahin, was man finanziell tun kann, oder?
Ja, wahrscheinlich.
Ja, nun, also Anlageberatung möchte ich nicht machen. Das ist mir zu heiß, zu heikel, die Verantwortung zu groß. Das möchte ich nicht tun. Alles, was ich tun kann, wenn sich jemand für diese Frage wirklich intensiv interessiert, dann möge er mein vorangegangenes Buch "Geld, Gold und Gottspieler" lesen. Da gebe ich zwar keine Anlageberatung, aber ich erkläre den Leuten so viel über Geld und Scheingeld, dass sie ihre eigenen Schlüsse daraus ziehen können.
Nun, aber wenn ich Sie richtig verstanden habe, kann man doch zumindest sagen... Also Sie gehen davon aus, dass die staatlichen Sozialsysteme wohl zusammenbrechen werden, also das Rentensystem zum Beispiel.
Richtig. Ja, das ist richtig.
Aber, die Wahrscheinlichkeit, dass die Ersatzversicherungen, die uns jetzt angeboten werden, auch zusammenbrechen, ist ja doch auch recht hoch.
Natürlich, im Papiergeld, im falschen, im vergifteten Geld, in diesem vergifteten Blutkreislauf der Marktwirtschaft, in diesem Papiergeld wird alles schlussendlich den Bach abgehen, alles.
Also haben wir sozusagen die Alternative zwischen Pest und Cholera, mit der privaten und der staatlichen Rentenversicherung.
Eigentlich ja, mit Papiergeld ja.
Was hält der Autor in seinem Modell der gegenwärtigen Dynamik entgegen, dass sich immer mehr Kapital immer mehr Macht in immer weniger Händen konzentriert?
Zum einen ist das in dieser Pauschalität nicht richtig. Aber was daran richtig ist, es sind natürlich schon gewaltige Vermögensakkumulationen entstanden. Aber auch das geht nur in Papiergeld. Das wäre in dieser Form und in diesem Ausmaß mit echtem Geld einfach nicht möglich.
Sie schreiben in Ihrem Buch, irgendwo auf Seite 150 rum, "je mehr Unternehmer einnehmen, desto wohlhabender werden wir alle.". Genau das bezweifelt ja der Anrufer eben. Und die Alltagserfahrung ist eigentlich wirklich so. Es gibt einige Unternehmen, die glänzend verdienen, aber deswegen verdienen die anderen Leute nicht unbedingt mehr.
Alle Einkommen rühren daher, dass irgendwo Unternehmer tätig sind. Sehen Sie, schauen Sie mal Kuba an. Die 600.000 oder 700.000 Kubaner in den USA erzeugen ein Sozialprodukt, was höher ist als die - weiß nicht wie viel Millionen - 5, 6 oder 7 Millionen Kubaner auf der Insel. Warum? Weil die Kubaner, die nach den USA ausgewandert sind, bei Unternehmern tätig sind. Ein Unternehmer hat ja nur dann Erfolg, wenn er die Konsumentenwünsche besser als seine Konkurrenten trifft. Wenn er das nicht tut, macht er eben entweder keinen Gewinn, oder Verlust, muss irgendwann vom Markt ausscheiden. Das heißt, wer die Konsumentenwünsche am besten trifft, der wird Gewinne machen und wird überleben. Und indem er das tut, muss er Menschen beschäftigen, nicht nur in seinem eigenen Betrieb, sondern... Da hängen dann ja wieder Zulieferer dran, da hängen die Grundstoffindustrien dran. Das ist eine weltweite Kette von Dingen. Überlegen Sie sich mal, was zusammenkommen muss, wie viele hunderte von verschiedenen Gewerken und Industrien, bis ein einziger Bleistift entstehen kann. Es geht also bis zurück zu den Grafitminen irgendwo in Kolumbien bis so ein Bleistift entsteht. Und all diese Prozesse sind einkommenserzeugende Prozesse
Aber oft eben sehr geringes Einkommen. Also wenn Sie jetzt Kolumbien ansprechen, es gibt ja diese sogenannten Freihandelszonen, gerade in Südamerika, wo also fast sklavenähnliche Arbeitsbedingungen herrschen. Und der Unternehmer hat doch eigentlich aus seinem Profitinteresse, aus seinem durchaus berechtigten, kein Interesse daran, dass seine Arbeiter mehr verdienen.
Nun, das liegt nicht... Was seine Arbeiter verdienen hängt nicht davon ab, was der Unternehmer will oder nicht will, sondern das hängt schlicht und einfach vom Markt ab. Wenn man eine hochentwickelte Volkswirtschaft hat mit genügend Kapitalbildung, dann wird diese Volkswirtschaft wohlhabend und dann werden dort auch höhere Löhne bezahlt. Einfach weil aus Konkurrenzgründen. Wenn der Markt frei ist, dann müssen die Löhne dem vermehrten Kapital folgen. Das vermehrte Kapital braucht besser ausgebildete Arbeitskräfte und muss sie deswegen besser bezahlen, sonst bekommt der betreffende Unternehmer sie nicht. Und das zieht eine ganze Volkswirtschaft nach oben und auch die Einkommen, auch die Löhne.
Noch eine Frage an den Autor, bitte.
"Diese Erde hat einen großen Fehler. Zu viele Menschen.". Das ist ein Zitat. Geht die Menschheit falsch mit ihren Ressourcen um?
Ja, ja und nein. Im Prinzip könnte diese Erde noch sehr viel mehr Menschen ertragen. Aber wir sehen ja überall, dass gewisse Sättigungsgrenzen eintreten, dass sich die Dinge umkehren. Das ist also selbst in China der Fall. Das wäre sogar der Fall, wenn die nicht ihre Ein-Kind-Politik betrieben hätten. Irgendwann kommt jedes Wachstum, wenn es exponentiell ist, zum Erliegen. Es ist nur so, alles was auf nicht freien Märkten geschieht, ist Verschwendung. Verschwendung findet nur auf freien Märkten nicht statt, weil dort, wie die Ökonomen sagen, die optimale Allokation der Ressourcen, d.h. die optimale Verteilung der Ressourcen die wir haben, der knappen Güter, entsprechend den Konsumentenwünschen verteilt wird. Das heißt, es wird die beste Art der Knappheitsüberwindung getätigt bei den geringstmöglichen Kosten für dieses Tun. Und überall, wo dieses Prinzip durchbrochen wird, kommt es zu Verschwendung.
Sie schreiben in Ihrem Buch etwas, was erstmal überraschen wird, nämlich "Globalisierung ist ein Programm gegen Massenarmut.". Nun haben viele Leute gerade bei der Globalisierung erhebliche Ängste und Bedenken. Und es sind ja auch Leute durch die Globalisierung, durch zum Beispiel Verlagerung von Betrieben, auch schon ärmer geworden.
Ja, das ist richtig. Deswegen ist ja das, was momentan passiert, so verheerend. Wir sollten uns mal an die sogenannte Industrielle Revolution erinnern. Das heißt, im späten 18. und im Verlauf des 19. Jahrhunderts hatten wir ja in den sogenannten Industrieländern die Industrielle Revolution. Dort wurden Millionen von Menschen aus der Landwirtschaft aufgesaugt. Menschen, die alle zu Millionen verhungert wären und zum Teil auch verhungert sind, hat die Industrie aufgesaugt und ihnen zu am Anfang spärlichen, armseligen Einkommen verholfen und im Laufe der Zeit zu besseren Einkommen. Und nun findet genau dasselbe statt. Nur nicht als Industrielle Revolution sondern als Dienstleistungsrevolution. Nun werden die Menschen massenweise aus der Industrie abgezogen, sie werden ihre Jobs verlieren. Und nun müssten die Dienstleistungsmärkte diese Saugfunktion ausüben. Deswegen müssten die riesigen Dienstleistungsmärkte, Gesundheitswesen und Bildungswesen, vollständig freigegeben werden. Nur dann wird die Globalisierung keine Schäden anrichten.
Meine Damen und Herren, in "Fragen an den Autor" auf SR 2 Kulturradio war das heute Morgen Roland Baader zu seinem Buch "Das Kapital am Pranger: Ein Kompass durch den politischen Begriffsnebel". Dieses Buch ist im Resch Verlag erschienen und kostet 18 Euro. Am nächsten Sonntag dann hier in "Fragen an den Autor" nochmal ein ökonomisches Thema. Es kommt Dr. Heiner Flassbeck. Der hat jetzt in der staatlichen Branche schon gearbeitet. Er war im Bundeswirtschaftsministerium, auch im Bundesfinanzministerium, war dann in den USA, ist glaube ich im Moment in Genf bei der UNO tätig und an der Uni Hamburg. Und er hat ein Buch geschrieben über die Volkswirtschaft. "50 einfache Dinge, die Sie über unsere Wirtschaft wissen sollten". Er fragt halt auch, wie müsste Wirtschafts und Finanzpolitik heute aussehen? Und natürlich dann die Frage, woher soll der Staat das Geld nehmen? Ich würde mich freuen, wenn Sie dann wieder einschalten. Schönen Sonntag wünscht Jürgen Albers.
Quellen:
https://web.archive.org/web/20170129143640/http://pcast.sr-online.de/play/sr2-fragen-klassiker/2011-10-19_baader40606.mp3
https://sr-mediathek.de/index.php?seite=7&id=1043&pnr=&tbl=pf
https://www.sr-audiothek.de/index.php?seite=7&id=1043&pnr=&tbl=pf
https://youtube.com/watch?v=vtXPtL8s0vc